Seit Jahrzehnten ist der Reformbedarf bei den Tötungsdelikten weitgehend einhellig anerkannt. Die Rechtsprechung behilft sich mit immer neuen Modifikationen der Auslegung, um so unangemessene Ergebnisse zu vermeiden. Die aktuelle Fassung des § 211 StGB sieht für den Mörder zwingend eine lebenslange Freiheitsstrafe vor, was in vielen Fällen als ungerecht empfunden wird, z.B. in den sog. Haustyrannenfällen. So argumentiert DAV-Präsident Wolfgang Ewer: ”Eine schwache Frau, die den gewalttätigen Ehemann nachts im Schlaf oder mit Gift tötet, wird wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Schlägt hingegen der Mann im Streit seine Frau tot, wird er nur wegen Totschlag zu fünf bis 15 Jahren verurteilt.” Neben der Problematik des unflexiblen Strafmaßes, biete auch die sprachliche Fassung Anlass für verschiedene Reformforderungen. Die 1941 eingeführten Bezeichnungen „Mörder“ (§ 211 StGB) und „Totschläger“ (§ 212 StGB) knüpfen an die Gesinnung und eine bestimmte Täterpersönlichkeit an. Hier offenbare sich ein Relikt der in der NS-Zeit geltenden Tätertypenlehre, von welchem sich das heutige Tatstrafrecht differenzieren solle. Aktuell ist die Diskussion durch die Reforminitiative des Bundesrats, welche die schleswig-holsteinische Justizministerin Anke Spoorendok angekündigt hat sowie durch den Entwurf zur Reform der Tötungsdelikte, welchen der Deutsche Anwaltsverein dem Bundesjustizminister Maas vorgelegt hat, geworden.
Einen Überblick über die Problematik sowie mögliche Reformen verschaffen Grünewald (Zur Abgrenzung von Mord und Totschlag – oder: Die vergessene Reform, JA 2012, 401 ff. (.pdf) ) und Deckers/Fischer/König/Bernsmann (Zur Reform der Tötungsdelikte Mord und Totschlag – Überblick und eigener Vorschlag, NStZ, 2014, 9 ff.).